Thomas Rüschen berät Superreiche bei der Geldanlage. Sein Problem: Gute Immobilien werden rar.
Herr Rüschen, Sie betreuen sehr reiche Familien bei der Vermögensanlage und raten zu Immobilienkäufen. Schießen deren Preise nicht in extreme Höhen?
Ich glaube nicht, dass sich die Preissteigerungsraten der vergangenen Jahre so fortsetzen. Die Dynamik wird nachlassen.
Sind Immobilien in den Großstädten noch ein gutes Investment?
Es lohnt sich weniger als noch vor fünf Jahren. Aber wir meinen, dass es sich noch lohnt, in Immobilien zu investieren, wenn man langfristig denkt. Nach einem Objekt in guter Lage in Frankfurt oder München wird es immer eine Nachfrage geben. Die Frage ist nur, ob man überhaupt noch Immobilien bekommt.
Wie bitte? Die Reichen haben das gleiche Problem wie normale Immobilienkäufer?
Heute ist es extrem schwer, geeignete Immobilien zu finden. Der Wettbewerb ist härter geworden durch die Verschiebung von Angebot und Nachfrage. Vor allem in den A-Städten wie München, Hamburg, Frankfurt ist die Konkurrenz enorm groß, auch durch ausländische Investoren, die sich auf diese Städte fokussieren. Die Anbieter sind deshalb in einer starken Position.
Wie äußert sich das?
Das zeigt sich an den Bieterverfahren. Der Verkäufer sagt: Wer den höchsten Preis zahlt, der bekommt die Immobilie. Eine andere Auswirkung ist, dass man sich sehr schnell entscheiden muss. Wenn man ein Objekt in Aussicht hat und eine gewisse Zeit Exklusivität bekommt, um einige Prüfungen durchzuführen, steht man unter Druck. Wenn man es in der vorgegebenen Zeit nicht schafft, steht schon der Nächste vor der Tür und bezahlt einen höheren Preis, weil in der Zwischenzeit die Preise vielleicht weiter gestiegen sind.
Wie sieht denn die Traumimmobilie eines Vermögenden aus?
Das Wunschobjekt liegt in bester Lage zum Beispiel in Hamburg oder München, und man bekommt es relativ günstig, weil es nicht auf dem Markt war.
Gibt's so etwas noch?
Ich habe mich neulich mit jemanden getroffen, für den wir vor einigen Jahren verschiedene Mehrfamilienhäuser gefunden haben. Er ist hochzufrieden, mit den Mietern, der Hausverwaltung, der Infrastruktur. Jetzt fragt er: Habt ihr noch mehr davon? Da müssen wir sagen: Ist momentan echt schwierig, so etwas zu finden.
Wird die Suche nach Immobilien also immer verzweifelter?
So weit würde ich nicht gehen. Heute braucht man ein Konzept, eine Vermögensstrategie. Sie müssen definieren, welche Rendite Sie erwarten und welches Risiko Sie bereit sind einzugehen. Und wie viel Geld Sie flüssig haben müssen, für den Lebensunterhalt oder für Situationen wie die Zahlung der Erbschaftsteuer. Über diese Gesamtvermögensstrategie kommen wir zur Immobilienstrategie. Da stellt sich die Frage, ob der Immobilienanteil 15 oder 20 Prozent ausmachen soll und was für Typen ich haben will: Eigentumswohnungen, Gewerbe oder Logistik. In der Vergangenheit ist das Immobilienvermögen vermögender Familien stetig gewachsen. Man bekam etwas angeboten, kaufte es und ließ es liegen.
Und heute?
Immobilien leben genauso wie Aktien, weil sie sich auch im Wert verändern. Ein Beispiel: Sie haben ein tolles Haus, zehn Jahre später sind darum herum zehn neue Gebäude entstanden, wodurch Ihres relativ unattraktiver geworden ist. Dann müssen Sie wieder investieren. Darum raten wir zu einem aktiven Immobilienmanagement, also dass man etwas weiterentwickelt oder auch verkauft.
Entwicklung kostet Geld. Führen die Preisverzerrungen bei Immobilien zu einer Blase?
Wenn man eine Blase definiert als etwas, das nach dem Platzen zu einem kurzfristigen starken Wertverlust führt, dann sehen wir diese Bedrohung nicht. Wir glauben, dass die Wertentwicklung fundamentale Ursachen hat.
Welche sollen das sein?
Nehmen wir eine Großstadt wie Frankfurt, wo eine echte Nachfrage herrscht. Die Stadt wächst weiter, weil sich neue Dienstleister ansiedeln, weil Infrastruktur und kulturelles Angebot gut sind, weil der Flughafen als Verkehrsknotenpunkt weiter wächst und sich die Mobilität in der Stadt verändert. Man fährt immer weniger mit dem eigenen Fahrzeug, sondern leiht sich Autos und Fahrräder. Darum werden auch Vororte immer interessanter. In Gegenden, wo früher kein Mensch hinziehen wollte, entstehen jetzt Wohnimmobilien.
Werden aber angesichts der Preise nicht viele gezwungen sein, sich eher auf dem Land nach Wohnraum umzuschauen?
Viele Menschen werden rausziehen in Neubaugebiete in der Umgebung. Das ist in London passiert, wo ich selbst einige Jahre gelebt habe. Sie finden kaum noch einen Londoner, der in Chelsea oder Kensington wohnt. Die meisten müssen jeweils eine Stunde mit dem Zug zur Arbeit und wieder zurück fahren. So gesehen ist Frankfurt ein Paradies. Sie können hier zu vernünftigen Preisen wohnen und haben trotzdem noch eine relative Nähe zur Stadt.
Die Mietrendite wird in den Städten geringer, in München liegt sie im Schnitt noch bei rund drei Prozent. Ist das verlockend?
Auf die klassische Anlage Anleihe gibt es keine Zinsen mehr. Auf dem Bankkonto gibt es keine Zinsen mehr, erste Banken verlangen sogar Strafzinsen auf Einlagen. Wenn man also Rendite erzielen will, muss man in andere Anlageklassen gehen. Für Vermögende heißt das: Aktien, Immobilien und Private Equity. Immobilien sind zwar nicht mehr so attraktiv wie früher, bleiben aber relativ gesehen ein interessantes Investment.
Die Mieten können aber nicht ins Unermessliche steigen.
Es ist die Frage, ob bei Wohnimmobilien die Mietpreisbremse greift oder nicht. Es gibt aber sicher eine Unsicherheit, weil man auf Vermieterseite nicht komplett frei ist und die Mieten entsprechend hochsetzen kann. Es ist herausfordernd, die Rendite auf einem gewissen Niveau zu halten.
Man muss also mehr Risiko in Kauf nehmen?
Ja, aber nicht solche Risiken, die man nicht mehr kontrollieren kann. Unsere Klienten sind auf Vermögenserhalt aus, haben einen sehr langfristigen Blick und verstehen, was sie machen. Die Vermögenden machen kein Harakiri. Es ist aber auch die Frage, welche Renditeerwartung man hat im Vergleich zur Vergangenheit. Die Inflation ist niedriger, die Zinsen sind es ebenso. Das heißt auch, dass die erzielbare Rendite in Zukunft vielleicht um 2 oder 3 Prozent niedriger ausfällt als im letzten Jahrzehnt. Wer heute 6 oder 7 Prozent erzielen will, muss höhere Risiken eingehen.
Das heißt, man müsste sich auch an Projektentwicklungen wie dem Bau eines Hotels beteiligen?
Ja, wobei Sie auf dem Weg zum Grundstück bis zum Hotel viele Unwägbarkeiten haben. Jeder, der schon einmal eine Wohnung renoviert oder ein Haus gebaut hat, weiß, wie die Kosten sich entwickeln können. Entscheidend ist darum eine konservative Planung und Disziplin in der Umsetzung. Dann kann man Risiken im Griff behalten.
Ein Risiko ist auch eine mögliche Zinswende. Wie ungemütlich wird es, wenn die Zinsen wieder steigen?
Die Frage ist, in welcher Geschwindigkeit sie steigen. Was die Immobilien betrifft, ist sicher die Anschlussfinanzierung ein Thema. Ein Käufer kann sich jetzt sehr günstig verschulden. Möglicherweise lässt er sich dazu verleiten, eine größere Eigentumswohnung zu kaufen als geplant, weil er sich wegen der niedrigen Zinsen einen höheren Kreditbetrag leisten kann. Davor würden wir warnen und raten, die Tilgung zu erhöhen. Wenn nämlich die Zinsen sich beispielsweise von 1,5 auf 3 Prozent verdoppeln, kann das für einen normalen Arbeitnehmer zum Problem werden. Das zweite ist die Wertveränderung. Wenn die Zinsen steigen und die Finanzierungskosten teurer werden, gehen Immobilienpreise vermutlich runter.
Wie sehr werden Immobilien an Wert verlieren?
Wenn der Zinsanstieg moderat erfolgen wird, wird sich das vielleicht gar nicht so dramatisch auswirken. Nur wenn die Zinsen kurzfristig drastisch anstiegen, hätte es Auswirkungen auf die Immobilienpreise. Die von uns betreuten Familien denken aber sehr langfristig, sie spekulieren nicht mit Immobilien.
Gibt es eigentlich den Fall, dass ein Vermögender ein bestimmtes Gebäude unbedingt haben will, einfach weil es ihm gefällt?
Mehr als bei anderen Anlageklassen kommt bei Immobilien ein emotionaler Faktor ins Spiel. Man steht vor einem Gebäude und sagt, wow, das sieht toll aus. Aber wirtschaftlich mag das Objekt gar nicht so interessant sein. Deshalb versuchen wir, den analytischen Aspekt reinzubringen. Dann sagen wir: Sie können die Entscheidung gerne treffen, aber seien Sie sich bewusst, dass Sie mit einem anderen Objekt wahrscheinlich ein halbes Prozent mehr Rendite erzielen. Eine weniger schöne Immobile in einem Vorort kann viel lukrativer sein als ein sehr ansprechendes Gebäude in der Haupteinkaufsstraße.
Sie müssen also die Emotionen Ihrer Kunden bremsen?
Manchmal ja. Zum Beispiel, wenn darüber diskutiert wird, ob eher eine vorzeigbare Immobilie gekauft werden soll oder eine andere, die wirtschaftlich interessanter ist, zum Beispiel eine Gewerbeimmobilie. In der Regel agieren unsere Mandanten sehr überlegt.
Es wird in den Familien auch mal richtig um Immobilien gestritten?
In manchen Familien finden lebhafte Diskussionen statt. Manchmal sagt aber auch nur einer, so machen wir das jetzt, und keiner widerspricht.
Und dann wird ein Einzelhandelsgebäude gekauft?
Manche Investoren lieben Supermärkte wie Edeka oder Rewe. Letztlich muss man immer eine Beziehung zu der Immobilie haben und verstehen, wie sie funktioniert.
Das Gespräch führte Thomas Klemm.
Thomas Rüschen leitet die Deutsche Oppenheim Family Office AG.
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